Kreatives Schreiben

Die armen Worte

Die armen Worte, die im Alltag darben, die unscheinbaren Worte, lieb ich so. Aus meinen Festen schenk ich ihnen Farben, da lächeln sie und werden langsam froh. Ihr Wesen, das sie bang in sich bezwangen, erneut sich deutlich, dass es jeder sieht; sie sind noch niemals im Gesang gegangen und schauernd schreiten sie in meinem Lied.

Rainer Maria Rilke

 

Was ist das?

Hier geht es im Gegensatz zum literarischen Schreiben nicht um den perfekt ausgefeilten Text sondern um den Spaß am Schreiben, am Spiel mit Wörtern und dem sich Treiben lassen zwischen den Sätzen.
Der Prozess, das Schreiben selbst, steht im Vordergrund.
Angeregt durch spielerische Impulse findet jeder, Anfänger wie Fortgeschrittene, ein Thema.
Das Kreative Schreiben fördert die Ausdrucks­fähigkeit (kreativ mit Sprache umzugehen, Eindrücke zu formulieren und sich mitzuteilen) ebenso wie die Eindrucksfähigkeit (sich berühren lassen von verschiedensten Impulsen und aufmerksam wie auch neugierig für die Texte und Sichtweisen der anderen werden).
Nicht zuletzt schafft die Freude am gemeinsamen Schreiben eine Entspannungs­möglichkeit und einen Ausgleich zum Alltag.
Die Abgrenzung zwischen dem „Kreativen Schreiben“, wie es in Deutschland hauptsächlich verstanden wird und dem „Creative Writing“ nach amerikanischen Verständnis, in dem es auch um die Arbeit am Text und die Verbesserung des Ausdrucks geht, ist manchmal schwierig. Auch in Deutschland gibt es Angebote, die unter der Bezeichnung „Kreatives Schreiben“ Workshops eher nach amerikanischem Verständnis anbieten, bei denen es also eher um literarisches Schreiben geht.

Je nachdem welche Schreibimpulse ich setze oder wie ich sie einsetze, sind auch die Übergänge zum biographischen Schreiben oder persönlichkeitsbildenden Schreiben fließend. Oft landen wir auch, angeregt durch die verschiedensten Schreib­impulse, die auf den ersten Blick nichts mit uns zu tun haben, bei unseren eigenen Themen. Wie tief wir dabei gehen wollen, entscheidet jeder stets selbst.

»Das Spiel ist die erste Poesie des Menschen.«
— Jean Paul

Wie geht das?

Das wohl bekannteste, schon recht alte Schreibspiel ist „Le cadacre exquis“ (= die köstliche Leiche). Es entstand Anfang des 20. Jahrhunderts im Surrealismus. Hier steht der Zufall im Vordergrund: Durch Umknicken und Weiterreichen des Papiers schreibt eine Gruppe von Personen gemeinsam einen Satz nach einem vorher festgelegten Satzschema, ohne dabei die Satzteile der Anderen zu kennen.
Reihumschreib­spiele, ob nun mit oder ohne verdeckte Weitergabe, eignen sich sehr gut als Abschluss kreativer Schreibangebote, da sie stets für Heiterkeit aber auch für erstaunliche Passungen sorgen, die nachdenklich stimmen.
Heute gibt es in unzähligen Büchern oder auch Blogs Sammlungen mit kreativen Schreibimpulsen.
Als Standard­werk gilt hier die „Musenkuss­misch­maschine“. Ohne viele Schnörkel oder Vorreden ist auf jeder Seite ein Schreibspiel beschrieben:
Da wird ein Liebes­brief an Socken geschrieben oder ein Dialog mit einem berühmten Toten, ein Gedicht, in dem jedes Wort mit dem gleichen Buchstaben anfängt oder eines, in dem ein bestimmter Buchstabe gar nicht vorkommen darf. Es wird gekleckst, zerschnitten, übersetzt und vieles mehr. Verschiedenstes Material kann hier zum Einsatz kommen und befühlt, beschnuppert, geschmeckt, erlauscht und unter die Lupe genommen werden.
Auch der Ort, an dem ich schreibe, und seine besondere Atmosphäre, kann ein Impuls sein, z.B. im Museum, in einem Kloster, in der Buchhandlung oder auf dem Friedhof.

Ist das was für mich?

Willkommen ist jeder, der Spaß hat am gemeinsamen Schreiben und Vorlesen, an ungewöhnlichen Schreibimpulsen und spannendem Material. Vorerfahrungen im Kreativen Schreiben sind nicht notwendig.
Die Texte werden hier nicht zerpflückt, bewertet, verbessert, kritisiert etc.

Kursangebot

Keine Veranstaltungen.

Weiterlesen

  • Fritzsche, Joachim (2009). Schreibwerkstatt. Aufgaben Übungen Spiele. Stuttgart: Klett.
  • Girgensohn, Katrin u. Jakob, Ramona (2001). 66 Schreibnächte. Anstiftung zur literarischen Geselligkeit. Ein Praxisbuch zum kreativen Schreiben. Eggingen: Edition Isele.
  • Mosler, B. & Herholz, G. (2003). Die Musenkussmischmaschine. 132 Schreibspiele für Schulen und Schreibwerkstätten. Essen: nds-Verlag.
  • Vopel, Klaus W. (2001). Geschichtenwerkstatt. Erzählen u. Verstehen. Salzhausen: iskopress.

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